Die KFN beschäftigt sich stark mit Themen rund um Nachhaltigkeit. Was bleibt Ihnen diesbezüglich vom letzten Jahr besonders in Erinnerung?
Heinz Marti: Natürlich unsere Arbeit rund um das Projekt zur CO2-Abscheidung. Ich freute mich sehr über den Besuch von Bundesrat Albert Rösti im vergangenen Jahr. Ihm das Projekt vorstellen zu können, war eine einmalige Gelegenheit. Auch dass sich die Journalisten auf lokaler Ebene bei diesem Anlass selbst ein Bild unserer Anstrengungen im Bereich Dekarbonisierung machen konnten, war ein grosser Erfolg. Ich denke, dass wir sowohl ihnen als auch Herrn Rösti zeigen konnten, dass wir viel unternehmen, um die Problemstellungen rund um CO2 zu lösen.
Konrad H. Marti: In diesem Zusammenhang freute es mich auch, dass wir auf unserer Website im vergangenen Jahr einen eigenen Bereich zum Nachhaltigkeits-Engagement realisieren konnten. Dieser zeigt sehr gut, wie vielfältig wir uns für einen schonenden Umgang mit der Natur einsetzen.
Welche besonderen Herausforderungen und Chancen sehen Sie aktuell in der Kalkindustrie?
Heinz Marti: Neue Gesetze und politische Vorstösse im Bereich der CO2-Emissionen sind bereits absehbar, auch auf lokaler Ebene. Wir wissen aber nicht, in welche Richtung es gehen wird. Damit verbunden ist eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die Frage, welche Anforderungen in Zukunft an uns gestellt werden.
Konrad H. Marti: Das Problem sind nicht die Gesetze an sich, sondern mögliche Unterschiede auf lokaler, nationaler und EU-Ebene. Wenn für uns in Netstal gesetzlich andere Bedingungen herrschen würden, käme es zu einer Wettbewerbsverzerrung, was für uns als national und international tätiges Unternehmen schwierig wäre.
Die Herstellung von Kalkprodukten ist CO2-intensiv, als Naturprodukt ist Kalk bei vielen Anwendungen aber ökologisch wertvoll. Wo gilt dies aus Ihrer Sicht im Speziellen?
Heinz Marti: Neben der Schadstoffentfernung bei der Rauchgasreinigung dienen unsere Kalkprodukte aufgrund ihrer neutralisierenden Wirkung beispielsweise auch der Abwasserbehandlung. Bei der Bodenstabilisierung kommen sie ebenfalls zum Einsatz, wodurch auf den Austausch von Böden verzichtet werden kann, oder bei der Düngung übersäuerter Böden in der Landwirtschaft.
Konnten diesbezüglich jüngst neue Bereiche erschlossen werden?
Konrad H. Marti: Aktuell unterstützen wir Versuche im Bereich nachhaltiges Bauen mit Kalkschlamm. Dieser entsteht als Nebenprodukt unseres Wasserkreislaufs im Waschprozess bei der Kalkverarbeitung und wird intern aufbereitet. Das Projekt steckt zwar noch in den Kinderschuhen, Pressschlamm für Ziegel etc. zu nutzen, könnte aber im Hinblick auf effektiven Ressourcenschutz attraktive Möglichkeiten bieten.
Wie eingangs erwähnt, sind die Arbeiten am Projekt zur CO2-Abscheidung eines der wichtigsten aktuellen Themen der KFN. Vom Bundesrat mit Interesse verfolgt, könnte es Einfluss auf die ganze Kalk- und auch andere Industrien haben. Wie gut kommen Sie bei diesem Projekt voran?
Konrad H. Marti: Die Studie zur technischen Machbarkeit des Dekarboniserungsprojekts wollen wir noch in diesem Jahr finalisieren. Eine erste grobe Machbarkeitsstudie zur CO2-Abscheidung konnten wir bereits 2023 abschliessen. Und diese fiel sehr positiv aus, einen Show Stopper gab es bisher nicht. Nun geht es darum, einzelne Facetten des Projekts weiter zu vertiefen. Um die dafür nötigen Kosten stemmen zu können, sind verschiedene Etappen mit entsprechenden Fragestellungen geplant. Wie muss der Ofen umgerüstet werden? Wie kann das CO2-Rohgas die nötige Qualität erreichen, um es verflüssigen zu können? Und wie lässt sich langfristig ein wirtschaftlicher Betrieb erreichen? Trotz Messungen im Ofen und diversen Simulationen dürfte eine gewisse Unsicherheit bleiben. Das Projekt ist so neu und innovativ, dass man praktisch nicht auf bestehende Daten zurückgreifen kann. Wir sind aber zuversichtlich und engagieren uns weiter für dieses Projekt, das einen grossen Beitrag zu den weltweiten Herausforderungen durch CO2-Emissionen leisten könnte.