Klimafreundliche Asphaltverbesserung mit Kalkhydrat

Forschung belegt zahlreiche positive Effekte von Kalkhydrat

Kalkhydrat im Asphaltmischgut führt nachweislich zu einer um 25 % verlängerten Liegezeit. Somit wird eine vollständige Unterhaltsmassnahme eingespart und dadurch die Emission kritischer Klimagase gleichzeitig um 23 % verringert.

Mit Kalkhydrat (KH) verbesserter Asphalt wird in Europa immer breiter akzeptiert und eingesetzt. Es gibt zahlreiche Forschungsvorhaben, die die positiven Eigenschaften von KH belegen. Dazu zählen vor allem Verbesserungen bei folgenden Faktoren:

  • Ermüdungswiderstand
  • Feuchtigkeit
  • Spurrinnenbildung
  • Langlebigkeit
  • Formsteifigkeit

Erfahrungen in Frankreich und Belgien liegen im europäischen Vergleich bereits am weitesten zurück, in der Schweiz gibt es erste Versuchsstrecken seit 1999.

Studien belegen Wirksamkeit

Am Kreisel Glarus wurde im Jahr 2001 eine Teststrecke eingerichtet. Eine Fahrspur wurde mit 2 % nekapur 2, die andere konventionell eingebaut. Nach zwei, vier und zehn Jahren wurden jeweils Bohrkerne entnommen und untersucht. Über einachsiale Druckschwellversuche und komplexe Modulmessungen konnte dabei eine deutliche Stabilitätsverbesserung durch den Einsatz von Kalkhydrat nachgewiesen worden. Dies belegen Studien des Instituts für Materialprüfung Dr. Schellenberg in Rottweil (D) und der EMPA Dübendorf. In Deckbelägen auf Schweizer Autobahnen verlangt das Bundesamt für Strassen (Astra) inzwischen seit mehr als zehn Jahren den Zusatz von 1,5 % KH. In den Niederlanden und Österreich wird dies immer mehr akzeptiert. Auch in verschiedenen deutschen Bundesländern setzt sich die Asphaltverbesserung mit Kalkhydrat immer weiter durch.

Kalkhydrat statt Chemie

Je nach Herkunft des Rohöls kann die Zusammensetzung des Bitumens im Asphalt unterschiedlich sein. Dies führt zu komplexen Wechselwirkungen mit Auswirkungen auf die Haftung oder die Alterung. Neben KH können auch Kalksteinfüller oder chemische Haftverbesserer zugesetzt werden, um eine Optimierung des Materials zu erzielen. Bei Letzteren muss jedoch ihre Toxizität berücksichtigt werden. Bei KH muss man sich darüber keine Gedanken machen. Es vergleichmässigt die Gemischqualität, indem es die sauren, alterungsbeschleunigenden Bestandteile des Bitumens neutralisiert. Den Varianzen in der Bitumenqualität kann man so ohne Bedenken entgegenwirken. Mit dem Einsatz von KH wird somit neben der Verbesserung der Haftung auch der Widerstand gegen folgende Einwirkungen verbessert:

  • Spurbildung
  • Frostschäden
  • Rissbildung
  • Kornausbrüche
  • Quellung
  • chemische Alterung

Wirkung des Kalkhydrats

Im Asphaltmischgut wirken die freien Calciumionen des KHs durch ihre Anlagerung an die Gesteinskörnung haftverbessernd. In der Folge wird der Ablösung der Deckschicht entgegengewirkt und die Adhäsion und Zugfestigkeit des Asphalts besonders bei haftkritischen Gesteinen erhöht.

Das alkalische Material neutralisiert die im Bitumen vorhandenen Ölsäuren und verzögert so die oxidative Bitumenalterung. Die durch Verkehrsbelastung und Temperaturschwankungen verursachte Ermüdung führt zu Rissbildung. KH verlangsamt diesen Prozess. Die hohe spezifische Oberfläche von KH fördert die Versteifung des Gemischs. Dadurch wird der Widerstand gegen die Bildung von Rissen und Spurrinnen erhöht – also einer dauerhaften Verformung, die eintritt, wenn die Belastungen die Elastizität überfordern. Diese Wirkung wird unabhängig vom verwendeten Gestein erzielt. Die im Gemisch vorhandenen Tonmineralien enthalten Alkaliionen. Diese werden durch Calcium ausgetauscht. Dadurch wird die Empfindlichkeit gegen Quellung und Wasser verringert. Auch dieser Effekt ist unabhängig vom verwendeten Gestein.

Tipps für Kalkhydrat in Asphaltmischanlagen

  • KH hat eine Schüttdichte von etwa 0,4 t/m3; für eine Siloladung à 25 t werden also circa 80 m3 benötigt (inkl. Reserve).
  • Um das Pulver optimal einzumischen, kann eine höhere Nachmischzeit erforderlich sein.
  • Die Verfügbarkeit und Qualität des KH müssen gleichmässig und kontrollierbar sein; hierfür bietet die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) des Lieferanten Gewähr.
  • In die Eignungs- und Kontrollprüfungen ist die Bestimmung der Wiederfindungsrate des KH zu integrieren.

Zur Verbesserung wird seit Längerem Polymer-modifiziertes Bitumen (PMB) eingesetzt. Dieses kann die Standfestigkeit, den Widerstand gegen Ermüdung sowie die Affinität erhöhen. Allerdings sind Mischungen in den Mischanlagen schwierig und daher unvollkommen. Ausserdem besteht die Gefahr der Entmischung und Alterung. Lagerdauer und -temperatur können zu Qualitätsverlusten führen. Zwar gibt es eine Nachweismöglichkeit für PMB, diese gibt aber keinen Hinweis darauf, welches PMB verwendet worden ist, noch kann die Zugabemenge ermittelt werden.

Nachweisbarkeit von Kalkhydrat

Im Gegensatz zu PMB – und auch den meist toxischen organischen Haftverbesserern – kann KH nach der Verwendung im Mischgut nachgewiesen werden. Selbst bei mehrmaliger Wiederverwendung bleibt die positive Wirkung teilweise erhalten und führt zu einer Qualitätsverbesserung. KH kann im Gemisch über Titrationsverfahren analysiert werden. Die KH-Menge kann als Zielwert durch die Ausschreibung festgelegt werden. Im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz wird der Anteil Calciumhydroxid im Gesamtgemisch mit mindestens 1 Masse-% festgelegt. In Österreich muss dieser Anteil mindestens 18 Masse-% im rückgewonnenen Füller sein. In der Schweiz werden für die Deckbeläge auf Autobahnen mindestens 1,5 Massen-% am Gesamtgemisch ausgeschrieben.

Nachhaltigkeit / CO2-Fussabdruck

Zwei Drittel der bei der Kalkherstellung entstehenden CO2-Emissionen stammen aus dem Kalkstein. Die europäische Kalkindustrie hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2050 klimaneutral zu produzieren. Die Folge der beabsichtigten teilweisen und dauerhaften Rekarbonisierung wäre der Wandel zu einer klimapositiven Industrie. Im europäischen Durchschnitt werden derzeit 1,2 t CO2 pro Tonne Kalk emittiert. Im Vergleich dazu konnte die KFN mit der Umstellung auf Erdgas im Jahr 2013 den CO2-Fussabdruck pro Tonne Kalk bereits um über 20 % reduzieren. Zu den CO2-Äquivalentemissionen der Strassenverkehrsinfrastruktur trägt der Strassenbau zu über 90 % bei. 66 % der entsprechenden Strassenbauemissionen werden vom Bindemittel Asphalt verursacht. In einer im Jahr 2016 veröffentlichten Studie zum Life-Cycle-Assessment (LCA) haben Schlegel et al. die Zusammenhänge untersucht. Dabei sind die folgenden Annahmen getroffen worden:

  • Lebensdauer der Strasse: 50 Jahre
  • Asphaltbeton (HMA) muss alle 10 Jahre instand gestellt werden
  • Asphaltbeton (HMA) mit KH braucht dagegen nur alle 12,5 Jahre instand gestellt zu werden (dies ist ein Plus von 25 %; hierzu gibt es mehr als 100 wissenschaftliche Publikationen)

Die Autoren errechneten auf dieser Basis im gesamten Lebenszyklus Einsparungen von 43 % beim Energieverbrauch und 23 % beim globalen Erwärmungspotenzial. Als Schlussfolgerung kann gezogen werden:

  • KH im Asphalt reduziert den totalen Energieverbrauch und das Treibhauspotenzial durch höhere Standzeiten der Strassen.
  • Dadurch, dass innerhalb von 50 Jahren eine Instandsetzung weniger nötig wird, kommt man auf 30 % geringere Kosten.

«Deutliche Verbesserung bei allen Mischguttypen»

Eine österreichische Studie aus dem Jahr 2019 kommt auf eine Zunahme der Lebensdauer von 15 % bei drei verschiedenen Belagsaufbauten. Der Geschäftsführer der GESTRATA (Gesellschaft zur Pflege der Strassenbautechnik mit Asphalt, Österreich), Maximilian Weixlbaum, hat sich im November 2020 offiziell zum Thema geäussert: «Neben der Qualitätsverbesserung bei quellfähigem Füller, einer verbesserten Haftung zwischen Gestein und Bitumen besonders bei saurem und haftkritischem Gestein, wird auch die Bitumenalterung deutlich verzögert und der Verformungswiderstand erhöht. Bei allen Mischguttypen, in allen Schichten und für alle Anforderungen gewährleistet Kalkhydrat eine deutliche Verbesserung sowohl in technischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht und schafft dadurch einen erheblichen Mehrwert im Sinne der Erhaltung und Dauerhaftigkeit unserer Strassen.»

Mit Technologie zum Ziel

Um dem Ziel, klimaneutral Kalk zu produzieren und somit zu einer klimapositiven Industrie zu werden, sieht die europäische Kalkindustrie im Wesentlichen drei Technologiepfade:

Direkte CO2-Vermeidung / Carbon Direct Avoidance (CDA)

  • Die Einsparung erfolgt durch Nutzung von regenerativen Brennstoffen, Wasserstoffbrennern, Sauerstoffbrennern und elektrischen Öfen.

CO2-Abtrennung und -Verwertung / Smart Carbon Separation (SCS)

  • Die CO2-Separation erfolgt direkt im Ofen oder in Abscheidereaktoren mit anschliessender Nutzung (CCU) oder Speicherung (CCS).

Karbonatisierung / Smart Carbon Capture (SCC)

  • Dies ist die Wiederaufnahme von CO2 durch Kalkprodukte während des Lebenszyklus (NCR) oder gezielten Einsatzes (ACR) -> CO2-Senke.

Die Zukunft der Kalkindustrie

Die europäische Kalkindustrie hat sich folgende Meilensteine auf dem Weg zur klimaneutralen Kalkproduktion und in Richtung klimapositiver Industrie gesetzt:

  • Seit 2020 werden die Fokusthemen Brennstoffumstellung (CDA), CO2-Abscheidung (SCS) und Carbonatisierung (SCC) umgesetzt.
  • Bis 2030 wird der Schwerpunkt auf Forschung und Kopplung mit CCU-Anwendungen gelegt.
  • Ab 2030 sollen Kalköfen sukzessive umgerüstet werden. Daneben erfolgt der Start der flächendeckenden Nutzung von CCU oder CCS an den Standorten.
  • Bis 2050 wird der Weg vom CO2-Emittenten zur CO2-Senke geschlossen.

Zusammenfassung

Kalkhydrat ist sicher nachweisbar und wirkt im Asphaltstrassenbau aktiv gegen

  • Spurrinnenbildung
  • Frostschäden
  • Rissbildung
  • Kornausbrüche
  • Quellung
  • chemische Alterung des Bitumens

Hierfür macht sich die europäische Kalkindustrie gemeinsam mit der Mischgutindustrie stark. Sichere und stabile Strassen führen in jedem Fall dazu, dass der stetig steigenden Stauanzahl entgegengewirkt wird. Die KFN beschäftigt sich seit etwa 20 Jahren mit dem Thema KH zur Asphaltverbesserung und trägt seit über 10 Jahren dazu bei, dass die Schweizer Autobahnbeläge preisgünstig und nachhaltig verbessert werden. Ausserdem unterstützen die KFN-Eigentümer seit einiger Zeit eine Firma, die Pionierarbeit bei Verfahren zur CO2-Speicherung und -Weiterverwendung leistet.

 

Dr. Dirk Sewing, Leiter Forschung und Entwicklung

 

Quellen:

Klimafreundlicher Asphalt mit Kalkhydrat
Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e. V. – BVK
24.03.2021 | DAV Seminar Willingen

Institut für Materialprüfung Dr. Schellenberg Rottweil GmbH,
Bericht 11F0024, 06.06.2011, Teststrecke am Kreisel Glarus,
3. Untersuchungskampagne, Auftrag der Kalkfabrik Netstal AG

EMPA Dübendorf, Prüfbericht Nr. 439'762, 18.10.2005,
Untersuchung von bitumenhaltigem Mischgut und Bohrkernen,
Mischgut SMA 11 S, Bindemittel 70/100, Auftrag der Kalkfabrik Netstal AG